Mikro e.V. Verein zur Förderung von Medienkulturen in Berlin 
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Programm

Podiumsdiskussion
(r)(tm)ark, USA: "Center for anti-corporate sabotage" <www.rtmark.com>
Florian Schneider, München: "Kein Mensch ist illegal"
<www.contrast.org/borders/kein/> Karl-Heinz Schubert, partisan.net, Berlin: "Projekte Archive Radikaler Theorie Info System Alternativer Nachrichten" <www.partisan.net>

Moderation
Vali Djordjevic, mikro e.V., Berlin

Video
Video-Dokumentation der Across the Border-Tage im Sommer 1997 im Hybrid WorkSpace, documenta X, Kassel

Audio
slip service
 

 

mikro.lounge #10:
Digitale Internationale - Elektronische Netze als politisches Medium
<http://www.mikro-berlin.org/Events/19990113.html>

WMF, Johannisstr. 19, Berlin-Mitte
Mittwoch, 13. Januar 1999, 20 Uhr
 

ml #10 auf 
mediaweb-tv
 
Modem
 
english translation
Seit den Anfangstagen des Internet geisterte das Versprechen durch die digitalen Leitungen, elektronische Netzwerke würden neue, noch nicht dagewesene Möglichkeiten zur Beteiligung an politischer Meinungsbildung und Einflussnahme bieten. Das reichte von Mailboxzusammenschlüssen linker Gruppen und ging bis zur Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace von John Perry Barlow, in der der amerikanische Willen zur Neubesiedlung unbekannter Weiten mit einem universalisierten Liberalismus fröhliche - und für Europäer auch seltsamste - Verbindungen eingingen. Mit der zunehmenden Kommerzialisierung und Instrumentalisierung durch E-Commerce und Werbewirtschaft gerät diese Rolle zunehmend aus dem Blick. Nichtsdestotrotz kann das Netz ein effektives Werkzeug zur Kommunikation und Organisation kleinerer politischer Gruppen und Zusammenschlüsse darstellen und die Reichweite widerständiger Aktivitäten und Aktionen vergrössern. Dabei wird es sowohl als Publikations- als auch Kommunikationsmedium genutzt.

Die verschiedenen Ansätze politischer Betätigung waren Thema dieses Abends. Bei den anwesenden Gästen gingen diese von traditionellen Formen des Politikmachens bis zur aktionistischen Performance. 

Obwohl sie immer wieder in Kunstzusammen- hängen auftauchen (ars electronica in Linz, atonal Festival in Berlin usw.), versteht sich die Gruppe (r)(tm)ark aus den USA nicht als Künstlergruppe. Sie nutzen aber theatralische und performative Ansätze, um ihre politische Botschaft einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Ihre "Sprache" übernehmen sie dabei aus dem Marketing- und Werbebereich, die durch Überaffirmation auf ihre ideologischen Hintergründe durchsichtig gemacht wird. Das Internet spielt dabei als Verteiler eine sehr große Rolle, da es eine einfache und billige Möglichkeit der Kontaktaufnahme und Informations- distribution für ihre Presseerklärungen und Mitteilungen gibt. 

Florian Schneider aus München erzählte von der Arbeit der Gruppe "Kein Mensch ist illegal". Der Gruppe geht es um die Unterstützung illegaler Einwanderer und Asylanten in Deutschland. "Kein Mensch ist illegal" arbeiten dabei sowohl theoretisch, indem sie zum Beispiel den Begriff der Grenze und die Veränderungen seines Gebrauchs thematisieren, als auch praktisch an der Unterstützung von Flüchtlingen. In den - in diesem Sommer zum zweiten Mal stattfindenden - Sommercamps an der polnischen Grenze treffen sich sowohl Immigranten als auch in Deutschland Lebende und untersuchen am praktischen Beispiel die Situation, die ein Flüchtling dort erleben muss. 
 


Karl-Heinz Schubert stellte "partisan.net" vor, einen Zusammenschluss verschiedener Gruppen der "traditionellen" Linken. Der Webserver bietet Zeitschriften, Informationsdiensten und vielen anderen Projekten einen selbstbestimmten digitalen Publikationsraum. "partisan.net" bietet aber nicht nur einen inhaltlichen Zusammenhang, sondern bietet eine eigene technische Infrastruktur auf, die außer aus dem Webserver auch in einem Einwahlknoten für die Mitglieder der Netzwerks besteht. Dadurch wird "partisan.net" unabhängig von potentiellen Sponsoren, die unter Umständen über die technische Abhängigkeit inhaltlichen Druck ausüben könnten.

Das Internet "gehört" zum allergrössten Teil regierungsnahen Organisationen (der USA) und den grossen Unternehmen. Dies sollte gerade von Gruppen, die eine progressive Politik betreiben, nicht vergessen werden. Der Zugang zum Netz ist sehr ungerecht verteilt. Deshalb sind sowohl inhaltliche als als technische Projekte wichtig für die politische Weiterentwicklung im Internet. An diesem Abend haben wir verschiedene Ansätze in unter- schiedlichen Mischungsverhältnissen kennengelernt, die einen Überblick der verschiedenen Strategien geben können.

[V.D.]