Grußwort Dieter Ernst 
Staatssekretär für Wirtschaft und Betriebe, Berlin 

 
 

  

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Sehr geehrter Herr Schilling, Herr Prof. Coy, Herr Weibel, 
sehr geehrte Damen und Herren, 

ich freue mich ausserordentlich darüber, dass ich heute, 55 Jahre nach dem Phantastischen Märchenfilm “Der Zauberer von OZ” auch einen Kongress mit dem Titel “Wizards of OS” eröffnen kann. So wie Judy Garland im Film bereits 1944 die Übermacht der Technik und der technischen Gegenstände entzaubern konnte und in ihnen das Lebendige und das wirklich Nützliche entdeckte, thematisiert dieser Kongress die heutigen Zaubereien der Computertechnologie, der Software- und Netzwerktechnologie. Und es wird wohl vor allem auch darum gehen, dem einen übermächtigen “Zauberer” (gemeint ist Bill Gates) die langfristige Überlegenheit der vielen kleinen, auf der ganzen Welt verstreuten Zauberer gegenüber zu stellen und deren ganz andere Macht zu beweisen. 

Als Staatssekretär der Wirtschaftsverwaltung betrachte ich das Kongressthema aber zunächst einmal ganz nüchtern: was bringen offene Quellen und freie Software der Wirtschaft? 

Die grössten Vorteile sehe ich darin, dass sie den freien Wettbewerb auf dem Technologiemarkt unterstützen, die besten Technologien durchsetzen helfen, die Kosten für die Nutzer reduzieren und zur Verständigung über eine neue globale Medienkultur beitragen: 

Die Offenlegung der Programmierquellen bei LINUX beispielsweise hat dazu beigetragen, dass die Qualität dieses Programms rasch weiterentwickelt werden konnte. Die steigenden Nutzerzahlen (gegenwärtig laufen bereits 7-11% der Netzwerkrechner mit LINUX) belegen den Erfolg dieser Strategie. 

Die Anwender sparen Geld für Technik und Software und können stattdessen Dienstleistung und Support einkaufen. 

Die freie Softwarebewegung schafft Grundlage für eine neue Art der weltweiten Verständigung und Kooperation von Partnern untereinander. Austausch und Kooperation ist das A und O der globalen Informationsgesellschaft. 

Esther Dyson beschreibt in ihrem Buch “Die Internetgesellschaft”, wie mit wachsender freier Kommunikation über das Internet die Verrechtlichung der globalen Kommunikation abnehmen und das Rechtssystem im Internet insgesamt verschlankt werden kann. 

Nicht zuletzt trägt freie Software auch zur schnelleren Akzeptanz und Verbreitung des Internets selbst bei. 

Doch auch die Probleme sollten benannt werden: Noch ist LINUX beispielsweise eher für Computerprofis nutzbar. Kleine und mittlere Unternehmen haben noch Schwierigkeiten, da für sie keine reine “Konfektionsware” vorhanden ist. Auch die Verwaltung zögert, da es noch zu wenig Anwendungssoftware gibt. 

Die Entwicklung steht jedoch erst am Anfang. Weltweit sind derzeit nur ca 20 % der Anwendungsmöglichkeiten des Internet erkannt und ausgeschöpft. Ich erwarte, dass auch dieser Kongress dazu beitragen wird, die restlichen 80% zu erforschen und die Diskussion über die Chancen für alle Beteiligten zu intensivieren. 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

aus all diesen Gründen unterstützt mein Haus diesen Kongress und der Senator der Wirtschaftsverwaltung, Herr Branoner, hat sehr gerne die Schirmherrschaft übernommen. 

Die Politik in Berlin hat erkannt, dass die Medien- und Kommunikationsbranche zu den wichtigsten Zukunftsfeldern der Stadt gehört. Seit dem Mauerfall vor nunmehr 10 Jahren durchlebt Berlin einen dramatischen Strukturwandel. Von ehemals 400.000  Industriearbeitsplätzen sind seit 1989 bereits 370.000 verloren gegangen. Im gleichen Zeitraum aber ist die Zahl der Beschäftigten in der Medien- und Kommunikationsbranche auf rund 100.000 (feste und freie MA) gewachsen. Heute sind insgesamt ca 8.000 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von knapp 20 Mrd.DM in dieser Branche in Berlin tätig, Tendenz weiterhin steigend. 

Berlin ist ausserdem die grösste deutsche Gründerstadt: auf 10.000 Einwohner kommen 121 Gewerbeanmeldungen. Damit liegt Berlin an der Spitze der deutschen Bundesländer. Die meisten Unternehmen werden in der Medien- und Kommunikationsbranche gegründet, vielfach start-ups aus Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen heraus. 

Das heisst, Berlin ist bereits auf dem besten Weg, zur Hauptstadt der Medien- und Kommunikationstechnik und der jungen Kreativszene zu werden. Vor etwa einem Jahr fand hier im Haus der Kulturen der Welt eine ebenfalls international besetzte Veranstaltung zum Thema Multimediadesign und Online-Medien statt. Der Veranstalter, das Internationale Design Zentrum Berlin führte mehr als 400 meist junge Existenzgründer und Wissenschaftler aus aller Welt zusammen. 

Um die Vorreiterposition halten und ausbauen zu können, ist es erforderlich, schnell zukünftige Entwicklungstendenzen zu erkennen. Dazu trägt auch die OS-Bewegung bei, und es ist der jungen MM-Szene in Berlin und den “Vordenkern” aus den Berliner Universitäten zu verdanken, dass sie dieses Thema mit der heutigen Veranstaltung aufgreift. 

Politik und Verwaltung des Landes Berlin, insbesondere mein Haus, unternimmt grosse Anstrengungen, die Entwicklung der Medien- und Kommunikationswirtschaft zu unterstützen. Das Programm “Informationsgesellschaft”, das mit jährlich 21 Mio DM ausgestattet ist, fördert beispielsweise auf Antrag Berliner Medien- und Kommunikationsunternehmen, die innovative Projekte und Initiativen durchführen wollen. Ebenso werden wissenschaftliche Institute, die mit diesen Unternehmen zusammenarbeiten, finanziell gefördert. Daneben hält das Land zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen für Existenzgründer bereit. Geplant in ausserdem ein Zukunftsfondes, der, ausgestattet mit 310 Mio DM, innovative Grossprojekte im Lande fördern wird. 

Vor zwei Jahren startete die landesweite ressort- und parteiübergreifende Initiative “Projekt Zukunft – Der Berliner Weg in die Informationsgesellschaft“. Das „Projekt Zukunft“ bündelt die Massnahmen zum Strukturwandel in der Stadt hin zur Informationsgesellschaft in Partnerschaften zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und gesellschaftlichen Gruppen. Rund zwanzig Leitprojekte mit struktureller Wirklung in das Land hinein wurden inzwischen initiiert. Ich verspreche mir von der Umsetzung einen enormen Modernisierungsschub für alle Bereiche Berlins, von der Wirtschaft über die Wissenschaft und die Kultur bis hin zur Verwaltung. 

In den kommenden zwei Jahren werden wir neben den Leitprojekten zusätzliche Technologie- und Brancheninitiativen sowie eine Qualifizierungsoffensive starten. Wir greifen damit die weltweiten Trends der zunehmenden Vernetzung, der steigenden Nachfrage nach Software und Content sowie der Weiterentwicklung der Informations- zur Wissensgesellschaft auf und machen die Trends für Berlin nutzbar. 

Dazu gehört u.a. die Initiative Digitale Mobilkommunikation: Auf dem Sektor des professionellen Digitalen Mobilfunks etabliert sich Berlin mit TETRA als Technologie- und Know-how-Zentrum. Die gleiche Zielsetzung verfolgen wir bei der Fortentwicklung von GSM hin zu UMTS. In dieser Entwicklung steckt grosses, bisher kaum abschätzbares und überschaubares Potential an Softwareentwicklungsbedarf für Dienste und Applikationen. 

Eine weitere Initiative befasst sich mit dem Berliner Kabelfernsehnetzes. Und hier zeichnet sich bereits ein erster grosser Erfolg für die Stadt ab: 

Auf Basis des Berliner Kabelfernsehnetzes wird demnächst eine für alle interessierten Anbieter offene Betreiberplattform bereitgestellt werden, die den Zugang zum Internet ermöglicht. Dieses ist Ergebnis von Verhandlungen des Landes mit der Telekom, den Betreibern der Netzebene 3 und 4 und der Wohnungswirtschaft. Das bedeutet: das TV-Gerät und der Kabelfernsehanschluss können als Zugang zum Internet genutzt werden. Die offene Betreiberplattform ermöglicht einer Vielzahl von Anbietern, neue Multimediadienste zu entwickeln und frei ins Netz zu stellen. 

Sie sehen, auch die Berliner Politik bemüht sich, das Netz für weitere Nutzungsmöglichkeiten zu öffnen und den Wettbewerb auf diesem Gebiet zu unterstützen. Ich freue mich natürlich ganz besonders darüber, dass Berlin das erste Bundesland mit einem solchen technologischen 
Fortschritt sein wird. 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

auch Wizards of OS 1.0. betritt ein technologisches Neuland. Und ich freue mich darüber, dass der erste Kongress in Berlin stattfindet. Doch gerade dieses Thema erfordert Austausch und Partnerschaft. Ich begrüsse deshalb sehr die Kooperation mit dem Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie und die Länderpartnerschaft, die sich vielleicht mit einem zweiten Kongress in Karlsruhe noch weiter verfestigen wird. Ganz herzlich begrüssen möchte ich aber zum Abschluss alle Teilnehmer, die aus dem Ausland gekommen sind. Eines der fünf strategischen Aktionsfelder im Rahmen der Landesinitiative “Projekt Zukunft” heisst “Berlin – die offene Stadt”. Ich hoffe, dass Ihnen während Ihres Aufenthaltes in der Stadt auch das offene Berlin begegnet. Ich wünsche allen Teilnehmern interessante Anregungen und  Begegnungen und den Veranstaltern viel Erfolg. 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.